Manterruption, das

..hat es zu einem eigenen Wikipedia-Artikel geschafft. Dieser Begriff soll das häufige Unterbrechen einer Frau durch einen Mann in einer Konversation beschreiben, ist fester Bestandteil des Konzeptes toxischer Männlichkeit und ist eng verwandt mit dem Mansplaining, also der vermeintlich männlichen Eigenschaft, Frauen die Welt erklären zu wollen, so wie ich es gerade tue. Manterruption hat offenbar pandemische Ausmaße, weshalb die UNO neben Armut und Krieg nun offiziell auch gegen Manterruption kämpft.1UN Woman: „Let’s interrupt the gender bias instead of the women who are speaking.“

Ein Forscherteam der George-Washington-University nahmen sich der Sache empirisch an und siehe da: it´s right! Männer unterbrechen Frauen in einer 3-minütigen Konversation durchschnittlich deutlich häufiger (2,1 mal) als Frauen Männer unterbrechen (1 mal). Die sympathischste Erklärung ist natürlich folgende: Männer voll aggressiv und doof, unterdrücken selbst in der Kommunikation die Frau. Weltbild bestätigt: Frauen sind Opfer und Männer sind Täter.

Es gibt jedoch einen kleinen Haken, der in den Medien gerne vernachlässigt wird. Es ist eigentlich ein richtig fetter Haken. Es gibt eine Gruppe, die Frauen noch häufiger unterbrechen, als es die Männer tun: Frauen (2,9 mal).2Hancock, Adrienne & Rubin, Benjamin. (2014). Influence of Communication Partner’s Gender on Language. Journal of Language and Social Psychology. 34. 46-64. DOI: 10.1177/0261927X14533197. (Link)

Warum ist das so? Die feministische Erklärung wäre wohl, dass es sich die Frauen von den Männern abgeguckt haben, weil sie dem vom Patriarchat induzierten Konkurrenzdenken ausgeliefert sind oder so ähnlich. Aber die Wissenschaft ist ideologiefreier und hat folgendes festgestellt: weibliche Stimmen werden anders verarbeitet als männliche. Weibliche Stimmen gelten aufgrund ihrer Stimmhöhe und Sprachmelodie als viel komplexer und können vom Gehirn schlechter verarbeitet werden, was einen Einfluss auf das Unterbrechen haben dürfte.3Dilraj S. Sokhi, Michael D. Hunter, Iain D. Wilkinson, Peter W.R. Woodruff, Male and female voices activate distinct regions in the male brain, NeuroImage, Volume 27, Issue 3, 2005, Pages 572-578, ISSN 1053-8119, https://doi.org/10.1016/j.neuroimage.2005.04.023. (Link)

Man stieß darauf, weil man der Frage nachging, weshalb halluzinierende Menschen meistens männliche Stimmen hören: sie sind für das Gehirn leichter zu finden und zu verstehen. Es ist offensichtlich, dass nicht (allein) Männlichkeit zur Unterbrechung führt, sondern viel mehr die weibliche Stimme auf der anderen Seite, sonst würden es die Frauen nicht auch tun. Aber für diese Erklärung muss man sich trauen mit einem Mantra zu brechen: Männer sind Täter. Frauen sind Opfer. Das ist unterkomplex und baut auf einem weiteren massivst unwissenschaftlichen und falschem Mantra auf: Geschlechterrollen sind ausschließlich ein soziales Konstrukt.

Quellen

  • 1
  • 2
    Hancock, Adrienne & Rubin, Benjamin. (2014). Influence of Communication Partner’s Gender on Language. Journal of Language and Social Psychology. 34. 46-64. DOI: 10.1177/0261927X14533197. (Link)
  • 3
    Dilraj S. Sokhi, Michael D. Hunter, Iain D. Wilkinson, Peter W.R. Woodruff, Male and female voices activate distinct regions in the male brain, NeuroImage, Volume 27, Issue 3, 2005, Pages 572-578, ISSN 1053-8119, https://doi.org/10.1016/j.neuroimage.2005.04.023. (Link)

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